Eine junge Frau mit Einkaufstüten sitzt nachdenklich von großen Werbeschildern mit der Aufschrift Sale

Aufgepasst bei Streichpreisen und Rabattkästchen! Augen auf beim Schnäppchenkauf!

Nach einem Urteil des LG (Landgericht) München I wird es einem Betreiber einer Online-Vergleichs-und -Verkaufsplattform untersagt, mit Streichpreisen und Rabattkästchen zu werben. Diese Werbung sei irreführend.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Hier klagt ein Konkurrent gegen den Betreiber einer Online-Vergleichs- und -Verkaufsplattform auf Unterlassung einer von ihm als irreführend empfundenen Werbung.

Als irreführend empfindet der Kläger hier die Praxis des Beklagten der Werbung mit Streichpreisen und Rabattkästchen. Was Verbraucherinnen und Verbraucher einsparen können, ergibt sich hier bei den Streichpreisen und den Rabattkästchen aus dem Unterschied zwischen dem günstigeren und dem teuersten gelisteten Verkaufspreis. Mit welcher Bezugsgröße hier verglichen wird, war für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht erkennbar.

Der Kläger hat im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Unterlassung dieser von ihm als irreführende Werbung empfundenen Praxis geklagt.

Welche Positionen vertreten die beteiligten Parteien?

Der Kläger ist der Ansicht, dass hier ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG (irreführende geschäftliche Handlung) vorliege und die Praxis mit Streichpreisen und Rabattkästchen zu unterlassen sei.

Die Beklagte argumentiert, dass es jedem klar sein müsse, dass hier nur auf die Preise der Konkurrenten innerhalb der Verkaufsplattform abgestellt wird. Sollte Bezugsgröße des Vergleichs die UVP (unverbindliche Preisempfehlung) des Herstellers sein, so wäre das auch explizit so angegeben. Dies sei hier aber nicht geschehen, weshalb sich die Erwartungshaltung der Verbraucherinnen und Verbraucher denklogisch nicht hierauf beziehen könne.

Der ersten Ansicht hat sich auch das LG München I angeschlossen und den Beklagten zur Unterlassung dieser Praxis der Werbung mit Streichpreisen und Rabattkästchen verurteilt.

„Das UWG verbietet die zu einem Wettbewerbsvorteil führende Irreführung von Verbrauchern. Die ohne zutreffende Bezugsgröße angezeigten Streichpreise und Rabattkästchen führen nach Auffassung des Gerichts dazu, dass Verbraucher irrig annehmen, ein besonders günstiges Angebot zu erhalten. Dadurch würden sie zu einem Kauf veranlasst, ohne die wirtschaftlichen Vor- und Nachteile zu erkennen, schließlich ergeben sich die vermeintlichen Rabatte und Sonderpreise nur aus der Differenz der Preise auf der Vergleichsplattform. Dass die Verbraucher so in irriger Weise davon ausgingen, ein Schnäppchen zu schießen, führe zudem zu einem nicht unerheblichen und unlauteren Wettbewerbsvorteil der Plattform gegenüber ihren Mitbewerbern.“ (Quelle: LTO – Legal Tribune Online)

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Hier hat das LG München I erstinstanzlich entschieden. Grundsätzlich wäre noch ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung möglich. Es ist aber nicht zu erwarten, dass der Beklagte hiergegen noch ein weiteres Rechtsmittel einlegen wird, da die Entscheidung dem allgemeinen Gerechtigkeitsgefühl der Verbraucherinnen und Verbraucher entspricht und ein anderes Gericht sich sicher auch von diesem leiten lassen würde.

Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucher aus?

Die irrtumsfreie Willensbildung vor der Kaufentscheidung von Verbraucherinnen und Verbrauchern wird durch dieses Urteil gestärkt. Sie werden zukünftig nicht mehr davon ausgehen können, auf der Verkaufsplattform der Beklagten ein günstiges Schnäppchen zu machen, obwohl dies beispielsweise im Vergleich zur UVP möglicherweise gar nicht der Fall ist.

Ist die Entscheidung gut?

Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Dieses Urteil stärkt die freie Kaufentscheidung der Verbraucherinnen und Verbraucher. Es darf ihnen nicht suggeriert werden, „ein Schnäppchen zu machen“, obwohl dies gegenüber der UVP möglicherweise gar nicht der Fall ist.

Was kann der Verbraucher jetzt tun?

Den Verbraucherinnen und Verbrauchern ist zu raten, dass sie ausgelobte Streichpreise und Rabattprozente kritisch hinterfragen.  Um eine genaue Einordnung der Preise vornehmen zu können, sollte man auch immer nach der UVP fragen. Erst damit hat man als Verbraucherin oder Verbraucher eine aussagekräftige Bezugsgröße.

Wo ist das Urteil zu finden?

Das Urteil des LG vom 10.10.22 hat das Aktenzeichen AZ 42 O 9140/22.

Autor

„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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