Ein Blick durch ein Flugzeugfenster eines fliegenden Flugzeuges auf den Flügel

Flugreisende aufgepasst bei pauschalen Zuschlägen auf Ticketpreise!

Nach einem Urteil des Landgerichts Frankfurt ist es den Fluggesellschaften KLM und Air France untersagt, erhebliche Strafzahlungen von ihren Kunden zu verlangen, wenn diese ihre Flüge nicht vollständig oder in der gebuchten Reihenfolge antreten. Solche Zuschläge sind einerseits viel zu pauschal und andererseits überhöht.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Gemäß den Geschäftsbedingungen der beiden Fluggesellschaften Air France und KLM galt der Ticketpreis bei Onlinebuchungen nur, wenn der Flug vollständig oder in der gebuchten Reihenfolge durchgeführt wird. Bei Nichtantrtitt eines Fluges oder Nutzung der Coupons in der falschen Reihenfolge, sollte ein weiterer Zuschlag zu zahlen sein. Bei innereuropäischen Flügen sollte dieser Zuschlag nach gebuchter Serviceklasse zwischen 250 Euro und 500 Euro, bei Überseeflügen zwischen 500 Euro und 3.000 Euro betragen.  Für den Fall des vorzeitigen Reiseabbruchs wollte KLM zusätzlich 275 Euro für die Herausgabe des Aufgabegepäcks in Rechnung stellen.  Der klagende Verbraucherzentrale Bundesverband wandte sich mit seiner Klage gegen diese Geschäftsbedingungen.

Zur besseren Verständlichkeit des Verhaltens der Beklagten sei auf deren Preispolitik hingewiesen, die sie mit ihrem Verhalten schützen wollten. Ein Hin- und Rückflug-Ticket ist nämlich oftmals kostengünstiger als ein One-Way-Ticket. Eine Teilstrecke separat zu buchen ist häufig teurer als ein zusammengesetzter Flug. Für Flugreisende ist es somit oftmals kostengünstiger bei Bedarf den Rückflug verfallen zu lassen oder Teilstrecken einer gebuchten Flugreise nicht anzutreten.

Welche Positionen vertreten die beteiligten Parteien?

Der klagende Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) wendet sich gegen die Geschäftsbedingungen der Beklagten. Er ist der Ansicht, dass es sich hierbei um überraschende und zudem unangemessen hohe Strafzahlungen der Beklagten handelt. Die Beklagten legten hier in der Höhe willkürliche Strafzahlungen fest, die ohne jeglichen Bezug zu einem etwaigen Schaden bestehen sollen. Hieran haben die Beklagten kein nachvollziehbar gerechtfertigtes Interesse und der Verbraucher wird hierdurch unangemessen benachteiligt.   

Die Beklagten können den Unmut des Klägers nicht recht nachvollziehen. Schließlich dienen die „Strafen“ einzig und alleine dazu, die eigene Preispolitik bzw. Tarifstruktur durchzusetzen. Wenn sich die Verbraucher wie vertraglich vereinbart und angekündigt verhalten, entsteht ihnen auch kein finanzieller Nachteil.

Das streitentscheidende Landgericht (LG) Frankfurt hat sich hier im Ergebnis der klägerischen Sichtweise angeschlossen. Nach der BGH-Rechtsprechung sei es Fluggesellschaften zwar erlaubt, Zuschläge zu erheben, um ihre Tarifgestaltung zu schützen. Es sei ihnen jedoch bestenfalls gestattet die Differenz zu dem höheren Flugpreis zu verlangen, den der Kunde am Buchungstag für die tatsächlich geflogene Strecke hätte zahlen müssen. Damit seien die Zuschläge der Beklagten nicht vereinbar. Sie sollten nämlich auch dann anfallen, wenn der Preis für die gebuchten Flüge nicht kostengünstiger war als für die tatsächlich geflogene Teilstrecke. Im Übrigen sollten die Zuschläge auch dann anfallen, wenn der Nichtantritt eines Fluges darauf beruht, dass man einen Flug verpasst hat oder seinen Urlaub verlängern möchte. Die letzten Gründe – so das Landgericht – haben jedoch nichts mit der Tarifstruktur zu tun. Schließlich sei man als Passagier ja auch nicht dazu verpflichtet, jegliche einmal gebuchten Flüge und Reisen auch tatsächlich durchzuführen.

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Nein, hier hat das LG Frankfurt erstinstanzlich entschieden. Es ist jedoch nicht ersichtlich, warum ein anderes Gericht den Sachverhalt rechtlich anders bewerten sollte. Somit sollte nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagten gegen diese Entscheidung noch Rechtsmittel einlegen werden.

Wie wirkt sich die Entscheidung am Ende auf die Verbraucher aus?

Verbraucher müssen sich darauf einstellen, dass sie eine Strafe zahlen müssen, wenn sie eine Reise nicht vollständig (mit gebuchtem Hin- und Rückflug) oder nicht in der angegebenen Reihenfolge absolvieren. Diese Strafzahlung hat jedoch Schadensersatzcharakter und besteht aus der Differenz zwischen den kostengünstiger erhaltenen Flugtickets und dem Preis für die tatsächlich durchgeführten Flüge. Nach diesem Urteil ist es Fluggesellschaften verwehrt, in der o.g. Konstellation fiktive und unangemessen hohe Strafzahlungen zu verlangen.

Ist das Urteil gut?

Ja, uneingeschränkt Daumen nach oben. Hier wird die Rechtsstellung des Verbrauchers gegenüber Fluggesellschaften gestärkt. Letzteren ist es verwehrt in ihren Geschäftsbedingungen völlig unangemessene und willkürlich hohe Strafzahlungen der Kunden im Onlinegeschäft zu verlangen.

Was können Verbraucher jetzt tun?

Verbraucher sollten die Geschäftsbedingungen von Fluggesellschaften bereits vor der Buchung genau lesen. Sollte hierin eine Regelung enthalten sein, die erhebliche Zuschläge für den Nichtantritt eines Rückfluges oder von Teilstrecken eines Fluges vorsieht, so ist diese Regelung rechtswidrig. Verbraucher brauchen diesen Betrag dann unter Hinweis auf dieses Urteil nicht zu bezahlen.

Wo ist das Urteil zu finden?

Das Urteil des Landgerichts (LG) Frankfurt vom 03.03.20 hat das Aktenzeichen Az 2 – 24 O 47/19.

Stand: Juni 2020

Autor

„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

Schlagworte zum Thema