Eine Schale mit Müsli

Vorsicht bei irreführenden Darstellungen und Kennzeichnungen auf Lebensmittel-Verpackungen

Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) darf ein Lebensmittelunternehmer den Verbraucher nicht durch die Kennzeichnung von Nährwertangaben unter Verwendung anderer Bezugsgrößen verwirren.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Geklagt hatte hier der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen die Firma Dr. Oetker auf Unterlassung einer von ihm als irreführend wahrgenommenen Kennzeichnung.

Die Beklagte hatte auf der Schmalseite der Müsliverpackung ihres Knuspermüslis „Vitalis Schoko + Keks“ die gesetzlich erforderlichen Nährwertangaben zum einen bezogen auf 100 Gramm des Müslis und zum anderen bezogen auf eine mit 40 Gramm (plus 60 Milliliter Milch) zubereitete Portion des Müslis abgedruckt. Auf der Vorderseite der Müsliverpackung wiederholte sie die Angaben, die sich auf eine mit 40 Gramm zubereitete Portion bezogen. Gegen diese Art der Darstellung wendet sich der Kläger und vermisst das Fehlen der Nährwertangaben hinsichtlich 100 Gramm des Müslis auf der Vorderseite.

Nach erfolgloser Abmahnung war nun Klage geboten. Während das Landgericht (LG) Bielefeld dem Kläger in 1. Instanz recht gab, wurde diese Entscheidung in der 2. Instanz durch das Oberlandesgericht (OLG) Hamm wieder aufgehoben. Der Kläger legte daraufhin Revision zum BGH ein. In dieser Instanz befinden wir uns nun.

Welche Positionen vertreten die beteiligten Parteien?

Die Beklagte ist der Ansicht, dass ihr Verhalten grundsätzlich nicht zu beanstanden sei. Schließlich habe sie die Nährwertangaben auch unzweifelhaft auf der Schmalseite der Verpackung vorschriftsmäßig abgedruckt. Es sei nicht geregelt und wäre im Übrigen auch unverständlich, dass sie die Nährwertangaben pro 100 Gramm des Müslis zweimal auf der Packung angeben müsste.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagte dem Verbraucher entgegen § 5a UWG auf der Vorderseite des Müslikartons wichtige Informationen vorenthalte, nämlich die Information über den Brennwert pro 100 Gramm des Müslis. Hierbei handle es sich um eine unabdingbare Information gemäß der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV).  Zwar seien diese Informationen auf der Schmalseite abgedruckt, aber entgegen § 31 Abs. 3 Ua. 2 LMIV nicht bei den wiederholenden Nährwertangaben auf der Vorderseite der Müsliverpackung. Es handelt sich hier auch um ein erhebliches Fehlen, da der Verbraucher durch zusätzliche Deklarationen mit anderen Referenzmengen als auf der Schmalseite verwirrt werden und somit eine auf Fehlvorstellungen beruhende Kaufentscheidung treffen könnte.

Der letzten Ansicht hat sich auch der BGH angeschlossen und wie schon das LG Bielefeld der Klage stattgegeben.

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Hier hat das höchste deutsche Zivilgericht, der Bundesgerichtshof (BGH), in einem Revisionsverfahren abschließend entschieden. Es wird keine weitere Entscheidung in dieser Angelegenheit mehr geben.

Wie wirkt sich die Entscheidung am Ende auf die Verbraucher aus?

Der Verbraucher läuft nun nicht mehr Gefahr, sich durch einen schnellen Blick auf die Vorderseite der Müsliverpackung eine Fehlvorstellung über die Zusammensetzung bzw. den Nährwertgehalt des Müslis zu machen. Zusätzlich lehnten die Karlsruher Richter eine Aufbrauchfrist ab. Die Packungen müssen nun aus dem Handel.

Ist die Entscheidung gut?

Ja, Daumen nach oben. Hier wird die irrtumsfreie Kaufentscheidung gestärkt. Der BGH antizipiert das oftmals nur schnelle Überfliegen der Verpackungsvorderseite durch den Verbraucher. Im Hinterkopf hat der Verbraucher hierbei noch die Referenzgröße pro 100 Gramm Müsli. Wenn die Beklagte hier überraschend nur Portionsgrößen von 40 Gramm als Referenzrahmen auf der Packungsvorderseite angibt, öffnet sie Tür und Tor für irrtumsbedingte Fehlvorstellungen des Verbrauchers hinsichtlich des Nährwertgehalts des Müslis.

Was können Verbraucher jetzt tun?

Verbraucher sollten ihre Kaufentscheidung nicht von plakativen Darstellungen der Hersteller auf der Packungsvorderseite abhängig machen. Die dort genannten Nährwertgehalte beziehen sich oftmals nur auf eine Portionsgröße bei einer bestimmten Art der Zubereitung. Die wirklich mit anderen Produkten vergleichbaren Angaben zum Referenzrahmen von 100 Gramm des Produktes finden sich meistens seitlich oder auf der Verpackungsrückseite.

Wo ist die Entscheidung zu finden?

Die Entscheidung des BGH vom 07.04.22 hat das Aktenzeichen Az I ZR 143/19.

Stand: Mai 2022

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„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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