acht Bonbons sind in blaues, grünes und rosa Papier eingewickelt

Süßigkeitenkonsumenten aufgepasst!

Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) müssen auf Lebensmittelverpackungen neben der Füllmenge auch die Anzahl der enthaltenen Einzelpackungen angegeben werden. Dies gilt bei Lebensmitteln (vor allem Süßwaren), in denen sich mehrere Einzelpackungen befinden.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Geklagt hatte hier eine Lebensmittelherstellerin, welche die von ihr hergestellten Bonbons und Schokoladen-Spezialitäten in Beuteln in den Verkehr bringt, in denen sich mehrere mit Bonbonpapier oder auf vergleichbare Art und Weise umhüllte Stücke befinden. Beklagte dieses Rechtsstreits ist das Landesamt für Mess- und Eichwesen des Landes Rheinland-Pfalz. Dieses stellte fest, dass auf mehreren der wie oben beschrieben angebotenen Süßwaren zwar das Gesamtgewicht der Süßwaren angegeben war, nicht jedoch die Anzahl der enthaltenen Einzel-Stücke. Das beklagte Landesamt bemängelte die Angabe der Stückzahl bei oben genannten Süßwaren und leitete gegen die Klägerin ein Ordnungswidrigkeitenverfaren ein.

Hiergegen wendet sich die Klägerin. Sie möchte vor allem gerichtlich klären lassen, dass hier gerade kein Verstoß gegen Artikel 23 Absatz 1 und 3 in Verbindung mit Anhang IX Nummer 4 der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) der Europäischen Union vorliegt. Hiernach ist bei oben genannten Lebensmitteln neben dem Gesamtgewicht auch die Information der einzelnen Stückzahl anzugeben. In den ersten beiden Instanzen war die Klägerin bereits unterlegen. Gegen die letzte Entscheidung hat sie Revision zum BVerwG eingelegt. In dieser Instanz befinden wir uns nunmehr.

Welche Positionen vertreten die beteiligten Parteien?

Die Klägerin ist der Ansicht, dass es völlig ausreichend wäre, wenn sie die (Gesamt-)Grammzahl auf den Verpackungen der Süßwaren angeben würde. Die ganze Produktion der Süßwaren sei auf das Gesamtgewicht der Packung ausgerichtet. Die Größe der (Einzel-)Stücke und damit auch die Anzahl der in der Gesamtpackung enthaltenen Einzelstücke könne jedoch variieren. Sollte die Stückzahl auch immer zusätzlich angegeben werden, müsste eine Person zur Überprüfung abgestellt werden. Dies würde einen unverhältnismäßig hohen Personal- und damit Kostenaufwand bedeuten und man würde in unzulässiger Weise in die Grundrechte der Lebensmittelhersteller eingreifen. Die LMIV ist hier wegen unverhältnismäßigem Aufwand nicht anzuwenden und der Klage stattzugeben.

Das beklagte Landesamt hält die Regelung in der LMIV für eindeutig. Bei dieser Regelung kam es dem Gesetzgeber offensichtlich auf eine Vereinfachung für das Konsumverhalten der Verbraucherin und des Verbrauchers an, nicht jedoch auf eine Praktikabilität bei der Lebensmittelproduktion. Die Klage ist somit abzuweisen und die LMIV anzuwenden.

Der letzten Ansicht hat sich das BVerwG - wie bereits auch die beiden Vorinstanzen - angeschlossen, die LMIV hier für anwendbar erklärt und die Klage somit abgewiesen.

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Ja, hier hat das BVerwG, das höchste deutsche Verwaltungsgericht in einem Revisionsverfahren letztinstanzlich entschieden. Es wird keine weitere Entscheidung in dieser Angelegenheit mehr geben.

Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucher aus?

Dem Verbraucher wird bei Umsetzung dieses Urteils eine zusätzliche Information vermittelt, die entscheidenden Einfluss auf seine Kaufentscheidung und sein Konsumverhalten haben kann.

Wenn eine bestimmte Süßigkeit beispielsweise für die sechs Mitglieder einer Sportmannschaft bestimmt ist, so wäre es prima, wenn die Anzahl der einzelverpackten Süßigkeiten durch sechs teilbar wäre, damit keiner bevor- oder benachteiligt wird. Außerdem ist es für die Verbraucherin oder den Verbraucher bedeutend leichter, ihren beziehungsweise seinen Konsum an der Stückzahl und nicht an der „geschätzten“ Grammzahl auszurichten.

Ist die Entscheidung gut?

Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Durch dieses Urteil wird die Möglichkeit des Verbrauchers eine bessere, auf Informiertheit beruhende Kaufentscheidung zu treffen enorm gestärkt.

Die Verbraucherin und der Verbraucher bekommen nunmehr eine für ihre beziehungsweise für seine Kaufentscheidung beziehungsweise Konsumverhalten wesentliche, zusätzliche Information an die Hand gelegt. Die Möglichkeit der Verbraucher ihr Konsumverhalten nach der Stückzahl auszurichten ist eine nicht zu unterschätzende Hilfe. Denn eine Stückzahlschätzung oder ein Abzählen der Stücke, die der Verbraucher ansonsten vornehmen müsste, wäre entweder zu ungenau oder zu zeitraubend.

Was kann der Verbraucher jetzt tun?

Der Verbraucher sollte besonders darauf achten, dass ihm in der streitgegenständlichen Konstellation auch die Information der Stückzahl der einzelverpackten Süßigkeiten auf der Gesamtverpackung angegeben wird.

Sollte dies wider Erwarten nicht der Fall sein, sollte Kontakt mit der Verbraucherzentrale vor Ort aufgenommen werden, um das weiter Vorgehen abzustimmen (zum Beispiel in Form einer Abmahnung oder Klage).

Wo ist das Urteil zu finden?

Das Urteil des BVerwG vom 9. März 2023 hat das Aktenzeichen Az 3 C 15.21.

Stand: März  2023

Autor

„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

Schlagworte zum Thema