Mutter und Tochter trinken Milch

Eltern aufgepasst bei Werbung für Kinderernährung!

Dürfen Angaben zum Vitaminbedarf bei Kleinkindern im Zusammenhang mit Werbung für Kindermilch gemacht werden? Hierzu ein aktuelles Gerichtsurteil.

Nach einem Urteil des Landgerichts (LG) München I wird es der Firma Hipp untersagt, einen Werbeslogan zum Vitaminbedarf für Kindermilch zu verwenden. Diese Aussagen führen den Verbraucher in die Irre. Dies schreibt unser Redaktionsmitglied, Ass.iur. Nikolai Schmich, LL.M., in seiner Kolumne „Ihr gutes Recht“. Hier informiert er über aktuelle Gerichtsentscheidungen.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Hier klagt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen die Firma Hipp-Babynahrung.

Kern des Rechtsstreits sind Aussagen der Beklagten in Werbung für Kindermilch zum Vitaminbedarf von Kleinkindern. Konkret werden die folgenden Werbeslogans angeprangert: „7 x mehr brauchst Du als ich, wirst groß und gesund - ganz sicherlich“ und „Kleinkinder benötigen bis zu 3 x mehr Calcium und sogar 7 x mehr Vitamin D als Erwachsene pro Kilogramm Körpergewicht“.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung vorgenannter Werbeaussagen.

Welche Positionen vertreten die beteiligten Parteien?

Die Beklagte erklärt hier, dass die pauschale Aussage, Kinder hätten einen erhöhten Bedarf an Calcium und Vitamin D, nicht zu beanstanden sei. Davon, dass alleine der Konsum der von ihr beworbenen Kindermilch diesen Mehrbedarf decke, sei ja nie die Rede gewesen.

Der Kläger ist der Ansicht, dass diese  Werbeaussagen ohne eine weitere Erläuterung als irreführend zu untersagen sind.  Sie suggerierten den unnötigen Bedarf an speziellen Lebensmitteln, obwohl Kinder über einem Alter von einem Jahr regelmäßig keine speziellen Lebensmittel benötigten.

Letzter Ansicht hat sich auch das Landgericht (LG) München I angeschlossen und die Werbeslogans für Hipp-Kindermilch als irreführend untersagt.

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Nein, hier hat das Landgericht München I in erster Instanz entschieden. Die Berufungsfrist zum Oberlandesgericht ist noch nicht abgelaufen. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass ein anderes Gericht die Irreführung anders beurteilen würde. Deshalb ist nicht zu erwarten, dass Berufung gegen dieses Urteil eingelegt wird.

Wie wirkt sich die Entscheidung am Ende auf die Verbraucher aus?

Nach diesem Urteil ist es nicht gestattet, den Verbraucher mit allgemeinen gesundheitsbezogenen Angaben zum Kauf eines bestimmten Produkts zu motivieren, ohne dass diese Aussagen näher erläutert werden.  Der Verbraucher erhält durch dieses Urteil eine verbesserte Stellung gegenüber dem Unternehmer, indem er vor irreführender Werbung durch diesen geschützt wird.

Ist das Urteil gut?

Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Dieses Urteil hat Signalwirkung für mehr gesundheitlichen Verbraucherschutz.

Die freie Kaufentscheidung des Verbrauchers wird hier gestärkt. Der Beklagten Hipp wird es zukünftig unmöglich gemacht, bei dem Verbraucher den Irrtum zu erzeugen, seine Kleinkinder hätten einen erhöhten Energiebedarf, der durch den Konsum seiner Kindermilch gestillt werden kann. 

Was können Verbraucher jetzt tun?

Verbraucher sollten sich genau über den Nährstoff- und Vitaminbedarf bei der Kinderernährung informieren. Dabei sollten sie in erster Linie nicht auf Werbeslogans von Lebensmittelunternehmen zurückgreifen, sondern auf Empfehlungen und Leitlinien, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren, wie beispielsweise solche der DGEÖffnet sich in einem neuen Fenster (Deutsche Gesellschaft für Ernährung).

Wo ist das Urteil zu finden?

Das Urteil des Landgerichts (LG) München I vom 05.06.2020 hat das Aktenzeichen Az 39 O 15946/19.

Autor

„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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