Dies schreibt unser Redaktionsmitglied, Ass.iur. Nikolai Schmich, LL.M., in seiner Kolumne „Ihr gutes Recht“. Hier informiert er über aktuelle Gerichtsentscheidungen.
Worum geht es bei der Entscheidung?
Im vorliegenden Rechtsstreit geht es um die Rückzahlung von Ticketgebühren für wegen der Corona-Pandemie ausgefallenen Konzerten. Der Kläger ist ein eingetragener Verein, dessen satzungsmäßiges Ziel unter anderem der Verbraucherschutz und der Schutz des Wettbewerbs vor unzulässigen AGB-Klauseln ist. Die in München ansässige Beklagte CTS Eventim vertreibt unter anderem Eintrittskarten für Konzertveranstaltungen.
Die Beklagte war wegen der coronabedingt notwendigen Allgemeinverfügung seitens der Veranstalter mit der Rückerstattung der Ticketpreise für ausgefallene Konzerte an die Verbraucher beauftragt. Sie hat zwar den Ticketpreis erstattet, jedoch einen kleineren Teil einbehalten und sich dabei auf ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) berufen. Diese lauten in einer Klausel wie folgt:
„Die im Ticketpreis enthaltene Vorverkaufsgebühr fällt als Entgelt für die erfolgreiche Vermittlung des Tickets unmittelbar bei dessen Verkauf an. Im Falle von Absagen oder Verlegungen von Veranstaltungen durch den Veranstalter oder aus sonstigen Gründen kann die Vorverkaufsgebühr daher nicht erstattet werden.“
Welche Positionen vertreten die beteiligten Parteien?
Der Kläger ist der Ansicht, dass vorgenannte Klauseln unwirksam wären, da sie ihn unangemessen benachteiligten. Dies gelte vor allem für das pauschale Einbehalten der Vorverkaufsgebühr. Der Ticketverkauf ist in drei Konstellationen denkbar, als Verkauf für Eigenveranstaltungen, Vermittlungsgeschäft und als Kommissionsgeschäft. Im letzten Fall handelt die Beklagte im eigenen Namen aber auf fremde Rechnung. Denklogisch steht den Verbrauchern in diesem Fall ein Rückerstattungsanspruch für die Vorverkaufsgebühr gegen den jeweiligen Veranstalter zu. Die streitgegenständliche AGB-Klausel, die pauschal, also auch für Kommissionsgeschäfte gelten soll, benachteilige den Verbraucher somit unangemessen und sei folglich unwirksam. Unwirksam sei auch eine Klausel, dass Tickets für Nachholtermine ihre Gültigkeit behalten und deshalb nicht zurückgegeben werden können.
Die Beklagte hält ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausnahmslos für wirksam. Sie hätten sich bislang in der Praxis bewährt. Die Erstattung der Vorverkaufsgebühr sei eine pure Entlohnung von Arbeitsaufwand. Dieser sei bei einem Kommissionsgeschäft nicht geringer. Dass Tickets für Nachholtermine ihre Gültigkeit behalten, diene dem Abbau von unnötigem Verwaltungsaufwand, was eindeutig auch im Sinne des Verbrauchers liege, wenn es nicht zur ersatzlosen Konzertabsage kommt.
Der klägerischen Sichtweise hat sich das Landgericht München I angeschlossen. Allerdings hält das Landgericht die Klausel, dass Tickets für Nachholtermine ihre Gültigkeit behalten, für wirksam und kann dem Kläger insoweit nicht folgen.
Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?
Nein, hier ist das Urteil durch das Landgericht in erster I Instanz ergangen. Diese Entscheidung könnte noch mit dem Rechtsmittel der Berufung angegriffen werden, was jedoch nicht zu erwarten ist, da ein anderes Gericht den Rechtsstreit nicht anders bewerten dürfte.
Wie wirkt sich die Entscheidung am Ende auf die Verbraucher aus?
Verbraucher haben in vielen Fällen einen Anspruch auf Rückerstattung des Ticketpreises für ausgefallene Konzert-Veranstaltungen. Dieser darf in diesen Fällen, also wenn ein Kommissionsgeschäfte vorliegen, nicht um die Vorverkaufsgebühren gekürzt werden.
Was können Verbraucher jetzt tun?
Verbraucher sollten sich von Ticketvermittlern nicht ihren Rückzahlungsanspruch bei ausgefallenem Konzert pauschal um die Vorverkaufsgebühr kürzen lassen. Eine entsprechende Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist unwirksam, solange sie auch für Kommissionsgeschäfte gelten soll. Es ist deshalb ratsam, sich zu vergewissern, in welcher Vertragskonstellation der Ticketvermittler beim Ticketkauf aufgetreten ist.
Wo ist das Urteil zu finden?
Das Urteil des Landgerichts (LG) München I vom 09.06.2021 hat das Aktenzeichen Az 37 O 5667/20.
Stand: Juli 2021