Ein Ausschnitt eines Schaufensters mit den Buchstabenschildern "SALE" und einem Prozentzeichen

Aufgepasst bei irreführender Werbung für Rabattaktionen!

Nach einem Urteil des Landgerichts (LG) München I muss eine Münchener Möbelhändlerin eine Werbeaktion, wo sie unter anderem zu sogenannten Küchentagen Rabatte verspricht, unterlassen.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Hier klagte ein eingetragener Verein mit dem Zweck der Durchsetzung des Rechts gegen den unlauteren Wettbewerb (Kläger) gegen ein Münchner Möbelhaus (Beklagte) wegen einer Anzeigen-Werbung für sogenannte Küchentage und eine damit verbundene Rabattaktion im August 2021 auf Unterlassung derselben.

Zum Fall: In der von der Beklagten im Sommer 2021 geschalteten Werbeanzeige mit der Überschrift „Küchentage“ war im Blickfang das Ende der Rabattaktion mit dem 21. August 2021 angegeben. Im Kleingedruckten konnte die Verbraucherin oder der Verbraucher feststellen, dass das vorgesehene Aktionsende in Wirklichkeit erst für den 31. August 2021 vorgesehen war. Diese Anzeige enthielt zudem hervorgehobene Rabattanpreisungen von mehrfach 20 Prozent, wobei unklar blieb, ob sich die 20 Prozent jeweils auf konkrete Produkte bezogen oder insgesamt 40 Prozent auf das gesamte Sortiment gewährt werden sollten.

Der Kläger hält eine solche Werbung für irreführend und somit für unwirksam.

Welche Positionen vertreten die beteiligten Parteien?

Die Beklagte ist der Ansicht, dass es doch ihrer unternehmerischen Freiheit entsprechen müsse, wie sie ihre Werbung gestalte. Von dieser Freiheit dürften Werbeflyer für Rabattaktionen nicht ausgenommen sein. Im Übrigen könne die Verbraucherin oder der Verbraucher auch das Kleingedruckte In-Augenschein nehmen, sodass es zu keinerlei Fehlvorstellungen kommen könne. Von einer Irrtumserregung könne deswegen nicht die Rede sein.

Der Kläger steht hier auf einem anderen Standpunkt.  Seiner Ansicht nach sei es für den Anzeigenleser zweifelhaft, wie lange die Rabattaktion dauere. Häufig lese er nicht das Kleingedruckte und werde durch eine kurze Fristsetzung (hier 21. August) unzulässig unter Entscheidungsdruck gesetzt. Außerdem werde er durch die mehrdeutige Prozent-Angabe (20 Prozent und 20 Prozent) im Unklaren darüber gelassen, ob ein Rabatt von 40 Prozent auf alles oder nur 20 Prozent auf einzelne Produkte gewährt werde. Diese Unklarheiten könne man aber nicht mit einem Hinweis im Kleingedruckten aus dem Weg räumen, sondern müsse einen klaren (deutlich sichtbaren) und unmissverständlichen Hinweis zur Aufklärung geben. Dies sei aber hier nicht geschehen, weshalb diese Werbung wegen Irreführung zu unterlassen sei.

Letzter Ansicht hat sich auch das Landgericht München I angeschlossen. Die vorgenannte Werbung der Beklagten ist somit wegen Irreführung zu unterlassen.

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Hier hat das Landgericht München I erstinstanzlich entschieden. Es wäre grundsätzlich möglich gegen diese Entscheidung noch ein Rechtsmittel einzulegen. Dies ist aus folgenden Erwägungen jedoch nicht zu erwarten:
Es handelt sich bei der Verwendung von verschiedenen Daten im Blickfang zum einen und im Kleingedruckten zum anderen zwar um eine durchaus übliche Irreführung. Diese – wie dieses Urteil zeigt - unrechtmäßige Irreführung würde aber auch kein anderes Gericht wegen ihrer Üblichkeit plötzlich als rechtmäßig ansehen.  Auch eine transparente Zuordnungsmöglichkeit der einzelnen Prozentzahlen würde ein anderes Gericht genauso fordern.
Somit ist davon auszugehen, dass es keine weitere Entscheidung in dieser Angelegenheit mehr geben wird und die Beklagte sich nicht noch dieses Urteil von einem anderen Gericht kostenpflichtig bestätigen lässt.

Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucher aus?

Dieses Urteil verschafft der Verbraucherin und dem Verbraucher den Eindruck, dass sie beziehungsweise er nicht bedingungslos den willkürlichen Werbemachenschaften von Unternehmen ausgeliefert ist.

Gerichtlicherseits werden unrechtmäßige und leider dennoch übliche Irreführungen herausgearbeitet und für unzulässig erklärt. Somit wird die irrtumsfreie Kaufentscheidung der Verbraucherin beziehungsweise des Verbrauchers durch dieses Urteil gestärkt.

Ist die Entscheidung gut?

Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Das Urteil stärkt – wie gerade angesprochen – die irrtumsfreie Kaufentscheidung der Verbraucherin beziehungsweise des Verbrauchers. Gleichzeitig zeigt es dem Unternehmen klar die Grenzen für die Werbung für seine Produkte auf. Diese darf bei der Verbraucherin beziehungsweise dem Verbraucher keinen Irrtum erzeugen und muss transparent sein.

Was kann der Verbraucher jetzt tun?

Die Verbraucherin beziehungsweise der Verbraucher sollte Aussagen in Werbeprospekten immer kritisch hinterfragen. Hierzu gehört sowohl das Aufklären gewisser Ungereimtheiten, die man auch durch einen Telefonanruf beim Werbenden beseitigen kann, als auch die In-Augenscheinnahme des Kleingedruckten (eventuell auch in einer Fußnote). Nur so kann man durch Werbung erzeugten Irrtümern vorbeugen.

Man sollte sich nicht darauf verlassen, dass sich die Werbenden in den von ihnen geschalteten Werbeanzeigen immer an die in diesem Urteil aufgestellten Anforderungen einer zulässigen und „irrtumsfreien“ Werbung halten. Sollte man doch noch auf „ein schwarzes Schaf“ treffen, das wie hier in seiner Werbung Irrtümer erzeugt und diese nicht aufklärt, sollte man unmittelbar Kontakt mit der Verbraucherzentrale vor Ort aufnehmen, um über weitere Maßnahmen zu beratschlagen (zum Beispiel: Abmahnung, strafbewehrte Unterlassungserklärung, Unterlassungsklage…).

Wo ist das Urteil zu finden?

Das Urteil des Landgerichts München I vom 12.01.23 hat das Aktenzeichen 17 HKO 17393/22.

Stand: Januar 2023

Autor

„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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