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Geldanleger aufgepasst bei der Werbung für Inhaberschuldverschreibungen

Anbieter einer Inhaberschuldverschreibung dürfen Verbrauchern in der Werbung nicht den Eindruck vermitteln, dass ihre Anlage hundertprozentig sicher ist und damit eine risikoarme Anlage darstellt. Denn das Gegenteil ist der Fall: Bei Inhaberschuldverschreibungen handelt es sich um äußerst risikoreiche Anlagen, bei denen es auch zum kompletten Verlust des angelegten Geldes kommen kann.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Hier hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen die in München ansässige BodenWert Immobilien AG zunächst vor dem Landgericht (LG) München I und dann vor dem Oberlandesgericht (OLG) München geklagt. Anlass für die Klage gab eine Werbung der BodenWert Immobilien AG für eine Geldanlage der Inhaberschuldverschreibung.

Für diese Anlageform, die mit einem extrem hohen erzielbaren Zinssatz von 4,5 Prozent pro Jahr beworben wird, hat die Beklagte den Eindruck erweckt, es handle sich hierbei um eine gänzlich risikoarme Geldanlage. Um dies zu untermauern warb sie damit, dass ihre Geldanlage durch die Eintragung einer Grundschuld zu 100 Prozent abgesichert ist.

Der Kläger begehrt von der Beklagten Unterlassung dieser von ihm als irreführend empfundenen Werbung. In der ersten Instanz vor dem LG München I hat der Kläger vollumfänglich recht bekommen. Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte nunmehr Berufung zum Oberlandesgericht München eingelegt. In dieser Instanz befinden wir uns nunmehr.

Welche Positionen vertreten die beteiligten Parteien?

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte hier irreführend für ihr Geldanlageprodukt der Inhaberschuldverschreibung wirbt. Sie wirbt mit einem hohen Zinssatz von 4,5 Prozent pro Jahr, der für sich genommen schon für ein erhöhtes mit der Anlage verbundenes Risiko spricht. Außerdem vermittelt sie den Eindruck, dass die Anlage durch die Eintragung einer Grundschuld zu 100 Prozent abgesichert ist. Dies ist jedoch nicht der Fall. Man kann bei Inhaberschuldverschreibungen nicht von risikoarmen Geldanlagen sprechen. Ganz im Gegenteil, bei diesen risikoreichen Anlagen kann es sogar zum kompletten Verlust des eingesetzten Geldes kommen. Somit ist diese irreführende Werbung zu unterlassen und der Unterlassungsklage stattzugeben.

Die Beklagte erklärt hier hauptsächlich, dass die Höhe des zu erzielenden Zinssatzes nicht ausschlaggebendes Kriterium bei der Geldanlage sei. Außerdem werde ja auch die Möglichkeit eines totalen Kapitalverlusts im Kundengespräch erwähnt.

Das Oberlandesgericht München bestätigt hier die klägerische Sichtweise, der sich auch schon das Landgericht München I angeschlossen hatte.

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Hier hat das Oberlandesgericht München in einem Berufungsverfahren entschieden. Es hat die Entscheidung im Urteil des Landgerichts (LG) München I bestätigt. Da die Berufung als unbegründet zurückgewiesen wurde, wird es keine weitere Entscheidung in dieser Angelegenheit mehr geben.

Wie wirkt sich die Entscheidung am Ende auf die Verbraucher aus?

Der Verbraucher wird hier davor bewahrt in der irrigen Annahme, eine risikoarme Geldanlage zu tätigen, sein Geld in die risikoreiche Anlageform einer Inhaberschuldverschreibung zu stecken, bei der es bekanntlich zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals kommen kann.

Höhere Renditen rechtfertigen auch ein höheres Risiko im Geldanlagesektor. Transparenz und Redlichkeit stellen jedoch oberste Handlungsmaxime im Geldanlagesektor dar. Es ist unzulässig, dass beim Verbraucher ein Irrtum über das Risiko einer bestimmten Anlageform erregt wird. Dies stellt dieses Urteil klar.

Ist das Urteil gut?

Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Hier wird der Verbraucher davor bewahrt, einem von der Beklagten erzeugten Irrtum zu unterliegen und aufgrund dieses Irrtums Vermögensverfügungen in entsprechende Geldanlagen zu vollziehen.

Was können Verbraucher jetzt tun?

Verbraucher sollten bei Geldanlagen stets wachsam und kritisch sein. Als Grundregel kann man sich merken:

Die Umlaufrendite liegt aktuell bei -0,52 Prozent pro Jahr. Dies ist ein Mittelwert aller Anlagen mit hoher Bonität. Renditen die erheblich davon abweichen (wie hier die angebotenen 4,5 % pro Jahr) lassen sich nur mit einem erhöhten Risiko erzielen. Es empfiehlt sich am Anfang eines Geldanlagegesprächs eine Risikoanalyse durchzuführen, um nicht im Verlauf der Geldanlage unerwartet und böse überrascht zu werden.

Wo ist das Urteil zu finden?

Das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) München vom 15.04.2021 hat das Aktenzeichen Az 29 U 2664/20.

Stand: August 2021

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„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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