Richterhammer und Goldwaage

Achtung bei irreführender Werbung mit günstigen Krediten

Nach einem Urteil des Landgerichts Traunstein ist es der milanda UG untersagt, in Werbeschreiben den irrtümlichen Eindruck eines günstigen Kreditangebots zur günstigen Umschuldung zu erwecken, tatsächlich aber die kostenpflichtige Vermittlung einer privaten Schuldnerberatung anzubieten.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Hier klagt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen die in Rosenheim ansässige milanda UG auf Unterlassung einer von ihr als irreführend wahrgenommenen Werbung.

Die Beklagte hat Verbraucherinnen und Verbraucher angeschrieben und ihnen mitgeteilt, dass ihre Finanzsanierung ab sofort zur Verfügung stehe. Als Konditionen für eine Sanierung wurde eine Schuldsumme von 2.500 Euro, eine Monatsrate von 40,32 Euro und eine Laufzeit von 62 Monaten angegeben.  Der Vertrag sei bereits genehmigt, der Kunde müsse nur noch den beigefügten Auftrag gegenzeichnen. Anders als das Angebot dem Verbraucher weismachen wollte, handelte es sich hierbei nicht um die Vermittlung eines günstigen Kreditangebots, sondern lediglich um die kostenpflichtige Vermittlung einer Beratung zur Tilgung der Schulden aus eigenen Mitteln.  Dies war jedoch zunächst nicht ersichtlich, sondern ergab sich nur versteckt aus dem schwer verständlichen Vertragsformular.

Welche Positionen vertreten die beteiligten Parteien?

Der klagende vzbv ist der Ansicht, dass die Werbung in den Anschreiben hier irreführend sei.  Bei Verbraucherinnen und Verbrauchern werde die Fehlvorstellung erzeugt, sie könnten mit der angebotenen Finanzsanierung ihre Schulden in der genannten Laufzeit und mit exakt der angegebenen Höhe der Rate zurückzahlen. Für viele wird dieses Angebot zur Finanzsanierung auch als Angebot zur Umschuldung verstanden, bei der auch die Möglichkeit der Ablösung alter Kredite durch neue bestehe.  Die für die Angesprochenen deutlich hervorgehobenen Angaben zur Schuldsumme und Ratenhöhe hätten keinerlei belastbare Aussagekraft. Es stehe somit fest, dass Verbraucher über den Inhalt der angebotenen Dienstleistung – nämlich eine Beratung zur Tilgung seiner Schulden – in die Irre geführt werde

Die Beklagte sieht die Sach- und Rechtslage hier komplett anders. Aus der streitgegenständlichen Werbung ergebe sich unzweifelhaft, dass sie weder Kredite vermittle noch sonstige Leistungen vermittle. Aus diesem Grund spreche sie in dem angesprochenen Finanzierungsbeispiel auch nicht von Kredit oder Kreditsumme, sondern von Schuldsumme.

Das Landgericht hat sich hier der klägerischen Sichtweise angeschlossen und der Beklagten untersagt, weiterhin die vom Kläger als irreführend wahrgenommenen „Werbe“-Anschreiben zu verschicken.

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Hier hat das Landgericht (LG) Traunstein zweitinstanzlich entschieden. Die Entscheidung ist als Endurteil ergangen und bereits rechtskräftig. Somit wird es keine weitere Entscheidung in dieser Angelegenheit mehr geben.

Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucher aus?

Konkret bewirkt das hier besprochene Urteil, dass es Unternehmern (wie hier der milanda UG) unmöglich gemacht wird, Verbraucherinnen und Verbrauchern für nicht benötigte und irrtumsbedingt bestellte Dienste haftbar zu machen.

Ist die Entscheidung gut?

Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Die Rechtsstellung der Verbraucherinnen und Verbrauchern im Finanzmarktsektor wird durch diese Entscheidung deutlich gestärkt. Hier werden Verbraucherinnen und Verbrauchern davor geschützt, dass sie kostenpflichtig andere als die von ihnen erwarteten Leistungen in Anspruch nehmen müssen. Der Beklagten wird es zukünftig unmöglich gemacht, die Verbraucherinnen und Verbrauchern über den Inhalt ihrer wirklichen Vertragsleistung in die Irre zu führen.

Was können Verbraucher jetzt tun?

Verbraucherinnen und Verbrauchern sollten gerade im Finanzmarktsektor mit „höchster Vorsicht“ und einem gewissen Abstand vermeintlich „günstigen Angeboten“ begegnen. Hierbei ist es immens wichtig nicht nur auf die plakativen Überschriften zu achten, sondern vor allem auch das komplette Angebot inklusive des Kleingedruckten und der AGB zu lesen. Oftmals erscheint eine der Überschrift nach als günstige Gelegenheit beworbene Finanzierungsmöglichkeit dann doch nicht mehr als so günstig oder passend.  Da nicht davon auszugehen ist, dass es sich bei der Beklagten um das einzige schwarze Schaf im Finanzmarktsektor handelt, sollte man sich immer vergewissern, ob das tatsächlich angebotene Produkt auch dem durch die Werbung zu Erwartenden entspricht. Sollte dies nicht der Fall sein, können Verbraucherinnen und Verbrauchern von einer näheren Beschäftigung mit dem Finanzierungsangebot absehen.

Wo ist das Urteil zu finden?

Das Urteil des Landgerichts (LG) Traunstein vom 4. Mai 2022 hat das Aktenzeichen Az 7 O 3505/21.

Stand: August 2022

Autor

„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

Schlagworte zum Thema