Medikamente in kleinem Einkaufswagen

Frei verkäufliche Arzneimittel – nicht frei von Risiken und Nebenwirkungen

Wer Kopfweh oder eine Magenverstimmung hat, geht nicht gleich zum Arzt sondern besorgt sich ein rezeptfreies Medikament in der Apotheke. Doch „frei verkäuflich“ ist in vielen Fällen nicht gleichbedeutend mit „harmlos“. Etliche dieser Arzneimittel haben zum Teil erhebliche Nebenwirkungen. Welche Risiken bestehen, und was sollten Patienten besonders beachten?

Schmerzmittel

Wer glaubt, mit einem rezeptfreien auch ein harmloses Medikament erworben zu haben, irrt in vielen Fällen. Beispielsweise haben die meisten Schmerzmittel zum Teil erhebliche Nebenwirkungen, insbesondere wenn sie in hohen Dosierungen und über eine längere Zeit eingenommen werden. So kann eine längerfristige Anwendung von so genannten nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) zu Leber-, Nieren- oder Magen-Darm-Schädigungen führen. Zu den NSAR zählen Ibuprofen, Diclofenac, Paracetamol und Acetylsalicylsäure. Behandelt man zum Beispiel eine harmlose Erkältung mit Ibuprofen, hat man ein dreifach höheres Risiko einen Herzinfarkt zu erleiden. Dies haben Studien gezeigt. Die entzündungshemmende Eigenschaft des Ibuprofens kann als Nebenwirkung dazu führen, dass sich im Blut die Thrombozyten verklumpen und so die Arterien verstopfen können. Diclofenac hat diesbezüglich einen noch stärkeren Effekt.

Paracetamol und Ibuprofen stehen auch im Verdacht, die Geburtenrate nachteilig zu beeinflussen. Paracetamol kann nicht nur Schmerzen lindern, sondern auch psychische Effekte haben und zu Empathie-Verlust führen.

Viele der genannten Risiken bestehen vor allem für ältere oder durch andere Krankheiten vorgeschädigte Patienten. Auch das Zusammenwirken mit Alkohol oder anderen Medikamenten verstärkt die Risiken und Nebenwirkungen teils beträchtlich. Insgesamt betrachtet sind Schmerzmittel daher alles andere als harmlos.

Spätestens 2020 muss auf allen Schmerzmittelpackungen ein Warnhinweis aufgedruckt sein: „Bei Schmerzen oder Fieber ohne ärztlichen Rat nicht länger anwenden als in der Packungsbeilage vorgegeben.“ Hier gilt seit 1. Juli 2018 eine zweijährige Übergangsfrist für die Hersteller, die diese Vorgabe umsetzen müssen. Apotheken dürfen diese Mittel ohne Warnhinweis jedoch nur längstens bis zum Verfallsdatum abgeben.

Magen-Darm-Mittel

Pflanzliche Arzneimittel in flüssiger oder fester Form sind ebenfalls frei verkäuflich. Hierzu zählt unter anderem Iberogast, ein Magen-Darm-Mittel. Die Anwendung von Iberogast kann zu Leberschädigungen führen, die im Einzelfall tödlich sein können. Deshalb dürfen Leberkranke, Schwangere und stillende Frauen dieses Mittel nicht mehr einnehmen. Entsprechende Warnhinweise müssen seit September 2018 in der Packungsbeilage aufgeführt sein. Die möglichen leberschädigenden Eigenschaften werden dem Schöllkraut-Extrakt zugeschrieben, das in Iberogast enthalten ist.

Vorbeugemittel

Zu den freiverkäuflichen Arzneimitteln zählen außerdem Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamine und Mineralstoffe, Stärkungsmittel, Desinfektionsmittel oder Rachensprays ebenso wie Tabletten gegen Sodbrennen (Antazida), Völlegefühl oder Blähungen (Simeticon). Auch wenn man diese Mittel rezeptfrei erwerben kann, sind viele dennoch hoch wirksam und können unter Umständen auch unerwünschte Nebenwirkungen haben. So sind zum Beispiel Vitamine keinesfalls als harmlose Lutschbonbons zu betrachten. Eine Überdosierung – insbesondere der fettlöslichen Vitamine A, D, E und bei Neugeborenen Vitamin K – kann erhebliche Gesundheitsschäden verursachen. Mund- und Rachenspüllösungen oder –sprays können Allergien beziehungsweise Überempfindlichkeitsreaktionen auslösen.

Sind rezeptfreie Arzneimittel nur in Apotheken erhältlich?

Bestimmte freiverkäufliche Arzneimittel dürfen ausschließlich in Apotheken abgegeben werden. Dies betrifft Substanzen beziehungsweise Produkte, die sich auf die Blutgerinnung (zum  Beispiel Acetylsalicylsäure) oder auf das zentrale Nervensystem auswirken. Auch hormonartige oder antibiotisch wirkende Arzneimittel sowie viele rezeptfrei erhältliche homöopathische Arzneimittel gehören dazu.

Übrigens: Einige homöopathische Arzneimittel sind laut Arzneimittelverschreibungsverordnung verschreibungspflichtig.

Für viele andere Arzneimittel, die nur zu anderen Zwecken dienen als zur Beseitigung oder Linderung von Krankheiten (Arzneimittelgesetz) gilt keine Apothekenpflicht. Diese dürfen daher unter bestimmten Voraussetzungen auch in Drogerien, Reformhäusern oder Supermärkten verkauft werden.

Fazit

Freiverkäufliche Arzneimittel sind nicht frei von Risiken und Nebenwirkungen. Ihr Gebrauch kann in bestimmten Fällen wie Missbrauch oder Überdosierung sowie bei langfristiger Einnahme zu ernsten Gesundheitsschäden führen. Für bestimmte Personengruppen oder bei bestimmten Vorerkrankungen sind einige frei verkäufliche Arzneimittel gänzlich tabu. Wer sich nicht sicher ist, lässt sich vor dem beabsichtigten Gebrauch eines Arzneimittels von seinem Arzt oder Apotheker beraten. In jedem Fall sollte man vor der Anwendung die Packungsbeilage genau lesen und sich an die Anwendungsvorschriften halten.

Stand: Januar 2020

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