Zahnpasta auf einem Zahnbürstenkopf

Titandioxid: In Lebensmitteln verboten, aber nicht in Kosmetika, Medikamenten und Zahnpasta?

Der Zusatzstoff Titandioxid (E 171) darf mittlerweile in der EU nicht mehr in Lebensmitteln verwendet werden, da er unter Verdacht steht Krebs auszulösen. Allerdings steckt er nach wie vor in Medikamenten, Zahnpasta und Kosmetik. Was bedeutet das für Verbraucher?

Was ist Titandioxid?

Titandioxid ist in der Industrie ein echter Allrounder und kommt in vielen verschiedenen Bereichen als Weißmacher oder Trägerstoff für andere Farbpigmente zum Einsatz, so zum Beispiel in Lacken, Kunststoffen und Farben. Titandioxid gilt dabei als das hellste Farbpigment und zeichnet sich durch eine hohe Deck- und Leuchtkraft aus. Auch für die hellen und glatten Schutzfilme bei Medikamenten wird Titandioxid verwendet. In Sonnencremes und Kosmetikprodukten wirken die winzigen Titandioxidpartikel zudem als mineralischer Lichtschutzfilter und sind als „CI 77891“ bei den Inhaltsstoffen deklariert.

Bis Mitte 2022 war der Zusatzstoff unter der Kennzeichnung E 171 überdies auch in Lebensmitteln, wie Mayonnaise, Mozzarella, Kaugummis, Schokolinsen, Suppen, Brühen, Soßen, Salaten, Brotaufstrichen und in dem glänzenden Zuckerguss von Backwaren (Fondant) vorzufinden, um diese knackiger, glänzender und frischer wirken zu lassen.

In Lebensmitteln verboten

Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat ihre Einschätzung für Titandioxid in Lebensmitteln auf Basis aller derzeit verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse geändert. Sie hält die Verwendung für bedenklich und hat ein EU-weites Verbot ausgesprochen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Stoff über die Nahrung aufgenommen das Erbgut schädigt und so das Risiko für die Krebsentstehung steigt. Zudem können kleinste Nanopartikel über den Magen-Darm-Trakt in den Körper gelangen, sich möglicherweise im Gewebe anreichern und Entzündungen fördern.

Entwarnung für Kosmetika

Bisher bezieht sich die Einschätzung lediglich auf Titandioxid in Lebensmitteln, da nach aktuellem Wissensstand der Stoff nicht über die Haut aufgenommen wird. Daher besteht bei Sonnencremes und anderen kosmetischen Produkten kein Risiko. Anders sieht es aus bei Sonnensprays, da Titandioxid-Nanopartikel eingeatmet ebenfalls gesundheitsschädlich sind. Daher ist der Titandioxideinsatz in Nanogröße für Sprays auch nicht mehr erlaubt.

Risikobewertung bei Zahnpasta

Titandioxid könnte zudem kritisch sein bei Produkten, die verschluckt werden können, wie etwa Zahnpasta oder Lippenpflege. Derzeit ist noch unklar, ob die EFSA-Beurteilung zu Titandioxid in Lebensmitteln auch auf Zahnpasta und Lippenpflege übertragbar ist. Daher hat die Europäische Kommission das für Kosmetik zuständige EU-Gremium (SCCS) beauftragt, bis zum März 2023 eine Risikobewertung hierzu durchzuführen. So lange müssen Verbraucher im Ungewissen bleiben oder vorsichtshalber Produkte mit dem Inhaltsstoff „CI 77891“ meiden.

Forschungsbedarf bei Medikamenten

Im September 2021 hat die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) ein Gutachten zur Verwendung von Titandioxid in Medikamenten vorgelegt, in dem sie empfahl, Titandioxid vorerst in der Liste der zugelassenen Zusatzstoffe für Medikamente zu belassen. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass andernfalls Engpässe bei Medikamenten nicht auszuschließen wären, da Zulassungsprüfungen von passenden Austauschstoffen zeitaufwendig sind. Die Behörde empfiehlt Pharmaunternehmen an Zusatzstoffalternativen zu forschen. Eine erneute Bewertung von Titandioxid durch die EMA ist für Frühjahr 2024 geplant. Anhand dieser Einschätzung wird auch die EU-Kommission den weiteren Einsatz in Medikamenten prüfen.

Auch bei der vorerst weiteren Verwendung von Titandioxid in Medikamenten müssen sich Patienten nicht sorgen, da die Herstellung von Arzneimitteln sehr strengen Produktionsbedingungen unterliegt. Zudem ist die verwendete Menge des Titandioxids um ein Vielfaches geringer als beispielsweise in Lebensmitteln.(Sie)

Stand: Oktober 2022

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