Ein Glas Wasser wird aus einem Wasserhahn gefüllt

Ist Leitungswasser so gut wie Wasser aus Flaschen?

Das Bundesumweltministerium hat unlängst dazu aufgerufen, aus Umwelt- und Klimaschutzgründen Leitungswasser statt Wasser aus Flaschen zu trinken. Viele Verbraucher fragen sich, wie es um die Hygiene und um mögliche Schadstoffe beider Alternativen bestellt ist. Und hilft die „Wasserwende“ wirklich dem Klima?

Leitungswasser – unschlagbar günstig, aber auch gut?

Wer ausschließlich Leitungswasser statt Mineralwasser aus Flaschen trinkt, kann bei einem täglichen Verbrauch von eineinhalb Litern fast 70 Euro pro Jahr sparen, hat die Stiftung Warentest ausgerechnet. Diesen Vergleich hat Leitungswasser schon mal für sich entschieden. In der Juli-Ausgabe 2019 ihrer Zeitschrift „test“ hat Stiftung Warentest einen umfangreichen Bericht über Leitungs- und Mineralwasser veröffentlicht. Getestet wurden neben 20 Trinkwasserproben aus ganz Deutschland auch 32 Proben von stillem Mineralwasser.

Trinkwasser nicht gänzlich makellos

Den Test-Ergebnissen zufolge ist das Trinkwasser aus dem Wasserhahn von durchweg guter Qualität. Sämtliche Proben haben der geltenden Trinkwasserverordnung entsprochen. Von allen Lebensmitteln wird Trinkwasser am strengsten kontrolliert. Dennoch ist das Leitungswasser nicht vollständig frei von unerwünschten Stoffen: Mit Hilfe der heute verfügbaren Analysemethoden, mit denen selbst geringste Spuren kritischer Substanzen nachgewiesen werden können, fanden die Tester beispielsweise Arzneimittelrückstände, radioaktive Elemente sowie Abbauprodukte von Pflanzenschutzmitteln oder Rückstände von Süßstoffen. Die Mengen der gefundenen Substanzen waren jedoch so gering, dass sie kein gesundheitliches Risiko darstellen. Auf das Vorkommen von Bakterien hat Stiftung Warentest die Leitungswasserproben nicht untersucht.

Keime können Probleme machen

Leitungswasser kommt zu einem überwiegenden Teil aus dem Grundwasser (ca. 60 Prozent), die übrigen 40 Prozent setzen sich aus Wasser von Flüssen, Seen oder Talsperren zusammen. Das Wasser aus Seen und Flüssen wird in der Regel ständig desinfiziert, bevor es ins Leitungsnetz eingespeist wird. Das Auftreten von krankmachenden Bakterien im Trinkwasser gehört dennoch zu den Risiken. So wie im Sommer 2016 in Mittelhessen geschehen, können Keime wie Colibakterien das Trinkwasser verunreinigen, und nicht immer lässt sich die Ursache dafür zweifelsfrei ermitteln. Entsprechende Desinfektionsmaßnahmen – beispielsweise mit Chlor - werden dann von den Wasserwerken, die für die Aufbereitung von Trinkwasser zuständig sind, eingeleitet.

Ist Mineralwasser besser als Leitungswasser?

Pauschal besser im Sinne von höherer Reinheit ist das Flaschenwasser nicht. In jeder zweiten Probe haben die Tester Keime, Verunreinigungen und sogar kritische Substanzen gefunden. Weniger als jedes zweite Wasser wurde mit „gut“ bewertet, zwei Wässer erhielten sogar die Note „mangelhaft“. Mineralwasser muss zwar nicht keimfrei sein, darf aber keine Krankheitserreger enthalten. Bei den Untersuchungen hat Stiftung Warentest in einigen Wässern Keime gefunden, die für immungeschwächte oder kranke Menschen sowie Säuglingen kritisch werden könnten. Daher lautet die Empfehlung, Mineralwasser für die Zubereitung von Säuglingsernährung vorsorglich abzukochen.

Im Gegensatz zu dem von den Wasserwerken aufbereitetem Trinkwasser wird Mineralwasser aus unterirdischen Quellen, die unterhalb der Grundwasserschicht beziehungsweise unter wasserundurchlässigen Gesteinsschichten liegen, gefördert. Dieses sogenannte Tiefenwasser wird von Brunnenbetrieben gefördert und in der Regel nicht aufbereitet. Allerdings dürfen bestimmte Stoffe wie Eisen entfernt werden.

Was den Mineralstoffgehalt betrifft, enthalten viele der getesteten Wässer weniger oder nicht viel mehr als Leitungswasser. Lediglich zwei Produkte hatten mit 2241 beziehungsweise 1607 Milligramm Mineralstoffe pro Liter (mg/l) einen höheren Gehalt als das mineralstoffreichste Leitungswasser mit 572 mg/l aus Frankfurt am Main.

Und was ist mit dem Geschmack?

Es ist eine Binsenweisheit, dass jedes Wasser anders schmeckt. Das liegt daran, dass bestimmte im Mineralwasser gelöste Substanzen wie Natrium, Chlorid oder Sulfat den Geschmack prägen. Je nach Konzentration schmeckt es dann beispielsweise leicht salzig oder auch bitter. Beim Leitungswasser verhält es sich ähnlich, denn natürliche Mineralstoffe wie Calcium oder Magnesium können sich auf den Geschmack auswirken.

Wie viel Treibhausgas entsteht durch Wasserflaschen?

Diese Frage lässt sich zurzeit nicht eindeutig beantworten. Fest steht zumindest, dass durch den Transport von Flaschenwasser klimaschädliches CO2 ausgestoßen wird. Laut älteren Untersuchungen erzeugt zwar die Produktion von Leitungswasser und Mineralwasser in etwa gleich viel CO2 (GUTcert). Unter dem Strich entsteht aber bei der Herstellung der Flaschen sowie dem Transport – meist mit dem LKW - von Flaschenwasser eine vielfache Menge an Treibhausgas. Hinzukommt der Transport der Flaschen mit dem Pkw vom Handel bis zur Wohnung. Abgesehen davon besteht eine nicht unerhebliche Umweltbelastung durch Einwegflaschen aus Plastik.

Fazit

  • Deutsches Leitungswasser ist jederzeit und überall verfügbar und gehört zu den am besten kontrollierten Lebensmitteln überhaupt. Es ist jedoch nicht völlig gefeit gegen meist plötzlich auftretende Verkeimung mit auch krankmachenden Bakterien oder gegen Verunreinigungen, die aus unserer Umwelt stammen.
  • Flaschenwasser ist nicht das „bessere“ Wasser, und es ist auf jeden Fall deutlich teurer. Während das günstigste Mineralwasser laut Stiftung Warentest 13 Cent pro Liter kostet, ist ein Liter Leitungswasser für weniger als einen halben Cent zu haben. Lediglich zwei der 2019 getesteten Mineralwässer enthielten tatsächlich hohe Mineralstoffgehalte. Und einige Produkte waren im Test keimbelastet.
  • Flaschenwassers hat aufgrund von Produktion, Vertrieb und gegebenenfalls entstehendem Plastikmüll gegenüber Leitungswasser eine erheblich schlechtere Umweltbilanz. (ack)

Stand: August 2019

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