Chips und Fernbedienung

Chips & Schoko: Weshalb wir danach süchtig werden

Wer kennt das nicht – im Fernsehen läuft ein spannendes Fußballspiel oder ein Krimi, und wenn die Sendung zu Ende ist, ist auch die Chips-Tüte leer und von der Tafel Schokolade kein Krümel übrig. Und das, obwohl man vorher ausreichend zu Abend gegessen hatte. Viele Menschen können einfach nicht aufhören, wenn sie einmal mit dem Naschen angefangen haben. Wie lässt sich dieses Verhalten erklären?

Kontrolle außer Kraft gesetzt

Weiteressen obwohl man eigentlich satt ist – das wird auch als Phänomen der ungewöhnlich übersteigerten Nahrungsaufnahme bezeichnet. Der wissenschaftliche Fachbegriff hierfür lautet „Hedonische Hyperphagie“. Snacks wie Kartoffelchips oder Schokolade sind, wie Forscher herausgefunden haben, dafür prädestiniert dieses suchtähnliche Verhalten auszulösen. Und dies sogar unabhängig von den persönlichen Präferenzen der Konsumenten. Das Verhaltensmuster konnte auch in Tierversuchen beobachtet werden und wird den Wechselwirkungen zwischen bestimmten Lebensmitteln und der Gehirnfunktion zugeschrieben. Vereinfacht ausgedrückt aktivieren einzelne Lebensmittel gewisse Areale im Gehirn, was dazu führt, dass die Kontrolle über die Nahrungsaufnahme außer Kraft gesetzt wird.

Doch wie kommt dieser Kontrollverlust zustande? Wissenschaftler haben sich dieser Fragestellung angenommen und Studien an Versuchstieren und Menschen durchgeführt. Ein Ergebnis ist, dass das so genannte „Belohnungszentrum“ im Gehirn durch ein bestimmtes Verhältnis von Fetten und Kohlenhydraten in der Nahrung aktiviert wird. Dabei gibt es offenbar eine Abhängigkeit vom Körpergewicht: Je höher der Body Mass Index (BMI) – das Verhältnis von Körpergewicht zur Körpergröße – einer Versuchsperson war, desto aktiver war das Belohnungszentrum nach dem Verzehr von Chips. Wurden von den Versuchspersonen Zucchini statt Chips verzehrt, war die Aktivierung vergleichsweise gering. Der jeweilige Aktivierungsgrad konnte im Kernspintomographen beobachtet werden und deckte sich weitgehend mit den Ergebnissen aus Tierversuchen (siehe unten). Die Ergebnisse lassen die Schlussfolgerung zu, dass mit steigendem Körpergewicht das Belohnungszentrum nach immer mehr dickmachenden Snacks verlangt – ein Teufelskreis.

Die einzelnen Mechanismen der von bestimmten Lebensmitteln regulierten Nahrungsaufnahme sind Gegenstand weiterer Untersuchungen. Bisher konnte im Tierversuch nachgewiesen werden, dass sich bei normal ernährten Ratten nach zusätzlicher Fütterung mit Kartoffelchips bestimmte Strukturen im Gehirn verändern: Der Sättigungsmechanismus wurde inaktiviert und das Belohnungszentrum aktiviert. Das erklärt, warum diese Ratten auch im satten Zustand weiter „snackten“ und so erheblich mehr Kalorien aufnahmen als eine Kontrollgruppe, der ausschließlich Standardfutter verabreicht wurde.

Fett und Kohlenhydrate – die Mischung macht‘s

Die Versuchstiere bevorzugten keine besonders fetthaltige Nahrung mit entsprechend hohem Kaloriengehalt, sondern es war die besondere Kombination von 35 Prozent Fett und 45 Prozent Kohlenhydraten in Kartoffelchips, die diese Begierde erzeugte. Vergleichbare Verhältnismäßigkeiten finden sich auch in anderen beliebten Produkten zum Naschen, beispielsweise in Schokolade. Ob die im Tierversuch gewonnenen Erkenntnisse auf den Menschen übertragbar sind darf als wahrscheinlich gelten, auch wenn es dafür noch keine wissenschaftlichen Belege gibt.

Wie kann man der Fress-Falle entgehen?

In unseren Genen sind zwar viele Anlagen verankert, Ernährungsverhalten und Nahrungsmittelpräferenzen sind aber auch erlern- und damit veränderbar. So gehen viele spätere Ernährungsmuster auf eine frühkindliche Prägung zurück. Wer von Kindesbeinen an mit Süßigkeiten belohnt wurde, behält die Lust darauf als Erwachsener oft bei.

Das kulturelle aber auch das soziale Umfeld bestimmt in der Regel unsere späteren Ernährungsgewohnheiten.  Wenn Eltern ihren Kindern vorleben, dass die Tüte Chips wie selbstverständlich zum Fernsehen gehört, dann werden diese Verhaltensmuster oft übernommen und womöglich an die Folgegeneration weitergegeben. Hier ist also ein Ansatzpunkt gegeben, falsches Ernährungsverhalten erst gar nicht entstehen zu lassen.

Wenn der Wille dazu vorhanden ist, bestehen auch in späteren Lebensphasen gute Chancen, durch Selbstdisziplin und Schaffung von Alternativen alte Muster zu durchbrechen und ungesunde Ernährungsgewohnheiten zu ändern. Beispielsweise können kalorienreiche Knabbereien durch leckere Gemüsesticks (Zucchini, Möhren, Sellerie…) mit einem Dipp aus Magerquark und frischen Kräutern ersetzt werden. Ausprobieren lohnt sich!

Stand: Juli 2018

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